Freitag, 16. Oktober 2009

Die FDP und ihr gefährliches Spiel mit der Freiheit

Die Koalitionsverhandlungen zwischen CDU, CSU und FDP kommen nicht voran. Es fehlt ein klares Konzept, fehlen Lösungen zu gegenwärtigen innenpolitischen Krisen. Noch gibt es kein Rezept für eine Novellierung des Gesundheitsfonds, für die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke oder die Senkung der Steuern. Angesichts eines Haushaltsdefizits von mehr als einer Billion Euro sind starke Ausgabenkürzungen vor allem bei Rentnern und Hartz IV-Empfängern langfristig gesehen unumgänglich, will man sich einer neuen EU-Mahnung entziehen. Nachdem das Schonvermögen für Hartz IV-Empfänger auf 750 Euro angehoben wurde, gibt es nun ein zweites endgültig beschlossenes Papier der neuen Koalition. Die FDP konnte sich im Streit um die Computersicherheit durchsetzen und stimmte selbst Hardliner Wolfgang Schäuble (CDU) gnädig: Online-Durchsuchungen dürfen künftig nur unter strenger richterlicher Genehmigung und nur im Falle akuter Lebensgefahr durchgeführt werden. Eine Regelung, die so zwar auch im aktuellen Gesetzentwurf von SPD und CDU formuliert gewesen ist, allerdings müssen private Durchsuchungen des Computers jetzt von einem Ermittlungsrichter beim Bundesgerichtshof genehmigt werden und dürfen nicht von anderen Behörden angeordnet werden. Auch die unreflektierte und äußerst fragwürdige Sperrung kinderpornografischer Seiten im Internet - das letzte große Ass der Ursula von der Leyen (CDU) – wird sprichwörtlich gestoppt und durch eine Löschung entsprechender Inhalte ersetzt. Die private Lebensführung soll zunehmend geschützt werden, weshalb auch Lausch- und Videoangriffe untersagt sein sollen. Vorrätig gespeicherte Verbindungs- und Kommunikationsdaten sollen nur im Falle „akuter Gefahr für Leib und Leben“ zur Verfolgung von Straftaten herangezogen werden. Des Weiteren dürfen Journalisten künftig aus geheimen Papieren zitieren. Die Verhandlungsführerin der FDP Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sagte, es sei gelungen, in diesem sensiblen Bereich die Balance zwischen Freiheit und Sicherheit herzustellen. Dem stimmten Schäuble und der CSU-Innenexperte Hans-Peter Uhl ausdrücklich zu. Schäuble sagte, es sei allen drei Parteien wichtig gewesen, eine Einigung in der Arbeitsgruppe herbeizuführen und nicht mit strittigen Punkten in die große Runde zu gehen. Die Ergebnisse seien mit Billigung von Kanzleramtschef Thomas de Maizière verkündet worden.
Ungeachtet schwieriger Verhandlungen in den politischen Problemfeldern, hat die Koalition aber nur scheinbar einen ersten nennenswerten Beschluss auf den Weg gebracht, der in eine optimistische, weil freiheitsbejahende Zukunft weisen soll. Rasend schnell haben die Liberalen begriffen, wie unausweichlich eine Orientierung in Richtung Mitte ist. Schon jetzt scheint sie sich vom Image der „Klientelpartei“ befreien zu wollen. Mit einem strikteren Gesetz zur Laufzeitverlängerung von Atomkraftwerken oder einer wettbewerbsfreundlicheren Gesundheitsreform könnte der einst kleinen FDP der nächste "große Wurf "gelingen. Die neuen Regeln zur Computersicherheit waren nicht all zu schwer zu realisieren, zu offensichtlich waren die Freiheitsbeschneidungen unbescholtener Bürger durch ein auf zu großer Vorsorge basierendes Konzept. Allerdings darf nicht außer Acht gelassen werden: Abgeschafft ist die Internetkontrolle nicht. Weder die Online-Durchsuchung noch die Vorratsdatenspeicherung sind wirklich außer Kraft gesetzt worden, sie wurden bei näherem Hinsehen lediglich etwas abgemildert. Eigentlich wollte sich die FDP, allen voran Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, gegen eine unter Staatskontrolle gestellte Informationsfreiheit wehren. Das ist ihr im Kern nicht gelungen. Jetzt verkauft die FDP ihr neues Papier als Schlüssel, welcher der schwierigen Situation Rechnung trägt, einerseits der immer größer werdenden Internetkriminalität gerecht zu werden und andererseits die Lebensführung der Bürger nicht unnötig zu beschneiden. Leider nehmen die Entwürfe nur augenschleinlich Einfluss auf die Lebensführung der Bürger. In der Sache ändert sich fast nichts. Die Entwürfe mögen immerhin ein Vorstoß in die richtige Richtung sein. Vielleicht sind sie ein Teilerfolg der FDP. Doch, wenn Augenwischerei zum Koalitionskonzept wird, werden die Wähler um ihre Stimme geprellt und Politik verliert noch mehr an Substanz als zuvor. Dann treibt die FDP ein gefährliches Spiel mit der Wahrheit und der Freiheit gleichermaßen, bei dem am Ende nicht nur sie selbst sondern auch Deutschland verliert!

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