Den rasanten Wandel der Medienkultur heute aufzuhalten wird dieses Weblog nicht schaffen, vielmehr wird es versuchen, mit der Strömung zu treiben, ein Gespür zu entwickeln für die Veränderungen unserer Zeit, ein kritisches Bewusstsein zu schaffen für ein Leben im Digitalen, die Beobachtungen des täglichen Lebens festzuhalten. Das ist, was das Weblog kann: Festhalten,Stilllegen, Stoppen - und sei es für einen kurzen Augenblick. Das meiste übers Digitale, alles im Digitalen!
Freitag, 18. September 2009
Harald Schmidt: Der Großmeister ist zurück!
Folgt nach Kachelmann in Zukunft der neue Letterman? Der ARD-Wetterexperte überließ die Zuschauer in Schmidts Hände mit den Worten: "Ich kenne niemanden, der überhaupt noch mit Bart moderiert. Und wir hoffen alle, dass er sich rasiert hat", sagte einer, der selbst ob seines gesichtlichen Haarwuchses in kritisches Visier genommen worden ist. Fast demütig, devot, platzräumend brachte er den Satz: "Freuen Sie sich auf Harald Schmidt" über die Lippen. Der Großmeister der Anspruchs-Unterhaltung ist wieder da! Und was war das für ein Auftakt für eine Sendung, von der man nicht mehr viel zu erwarten hatte, oder nicht mehr viel erwarten konnte. Zugegeben, nach dem Abtritt von Oliver Pocher konnte es nur aufwärts gehen mit "Deutschlands Polit-Magazin Nummer Eins". Aber die Messlatte vor dem Start gestern Abend setzte der "Edel-Entertrainer" (Süddeutsche) selbst erwartungsgemäß hoch. Nicht mehr mit zweifelhaften Showgrößen und Medienstars wolle sich Schmidt künftig unterhalten. Stattdessen ziehe er es vor, Unternehmer zu Wort kommen zu lassen.
Überraschenderweise hielt er, was er versprach. Und als der Trigema-Chef Wolfgang Grupp das Studio 449 in Köln betrat, fand eine eh schon gelungene Sendung ihren Höhepunkt. Harald Schmidt soll jetzt endgültig das Label für richtige Late Night im Stile eines Jay Leno oder David Lettermans sein - deren legendäre Show "Late Night" im März erst von Neuling Jimmy Fellon übernommen worden ist - das zeigte schon der Vorspann der Sendung. Großstadtflair zu nächtlicher Stunde wollte dieser suggerieren und setzte sich konsequent in der Studiokulisse mit leuchtenden Lichtern der Skyline fort. Schmidt lief gleich zu Beginn zur Hochform auf: "Ich finde, einmal hat es richtig gefunkt in diesem Wahlkampf: Das war die Landung von Müntefering." Oder:"Wenn er das Wahlduell noch gesehen hätte, hätte Michael Jackson kein Propofol gebraucht." Harald Schmidt brachte es auf den Punkt.Dann zeigte er ein Bild, auf dem die Eingangstür der Agentur für Arbeit mit dem Wahlslogan "Wachstum schafft Arbeit" überschrieben wurde, um rumänische Arbeiter nach Deutschland zu locken. Ein Schelm, der Böses dabei dachte. Nicht nur eine Kombination aus den Rüttgers-Entgleisungen vergangener Tage und dem CDU-Wahlslogan, sondern zugleich ein subtiler Kommentar, der beinahe das vielfach kritisierte "Nazometer" wieder in Erinnerung rief. Umweltminister Gabriel nannte er den "Asketen von Niedersachsen", Dieter Althaus den "Geist vom Landtag in Thüringen". Der Zusammenschnitt der Wahlwerbefilme von CDU und SPD war ein gekonnter Wink in Richtung Große Koalition. Weitere Einspieler wie etwa zum "Schweinegrippenjournalismus" sprachen vielen Zuschauern aus dem Herzen. Die Schmidtsche Erklärung zum Afghanistan-Einsatz blieb jedoch substanzlos und unverständlich: "Für die einen Krieg, für die anderen eine Art Hausaufgabenbetreuung mit Maschinenpistolen", hieß es da. Und weiter: "Der Befehl zur deutschen Einheit kam unmittelbar aus einer Höhle in Afghanistan." Der Late-Night-Talker zeigt dazu einen Einspieler, in dem Al-Kaida-Anführer Osama bin Laden eine Botschaft verliest. Der Ton dazu war dem amerikanischen Präsident Ronald Reagan entliehen, der 1987 am Brandenburger Tor jene Worte an den Präsidenten der Sowjetunion richtete: "Mister Gorbatschow, open this gate, tear down this wall." Als dann soziale Netzwerke in Beschlag genommen wurden - "die Zuschauer holen sich den Journalismus von den Plattformen" - und der Philosoph Boris Groys mit den Worten zitiert wurde "Was wir haben, ist eine Kultur, in deren Mitte sich so etwas befindet wie ein Grab für einen unbekannten Zuschauer", widmete er per Video den "Usern von Twitter und Facebook" ein anonymes Grab, auf dem ein Laptop niedergelegt wurde. Anschließend gedachte er der unzähligen "klicklosen Homepages und Blogs" im Internet. In der anschließenden Hyperschnell-Konversation über die Regisseurin Andrea Breth, in der zufällig Namen wie Michel Foucault oder Jean Baudrillard fielen, wirkte der Zusammenhang leider verkrampft und undurchsichtig."Star-Reporterin" Katia Bauerfeind, die es nach Polylux zuletzt mit einer Internet-Sendung nach 3Sat schaffte, überzeugte fürs erste, sowohl in Einspielern als auch live im Studio. Dort pries sie gemeinsam mit Schmidt Terrantinos "Inglorious Bastards" als Liebesschnulze an, wonach der Kinoschocker Lars van Triers Antichrist mit Bullis Wicki-Film gekreuzt wurde. Kombinatorische Höchsleistung mit künstlerischen Ansprüchen durfte man dieser Auftaktsendung wohl irgenwie bescheinigen. Schließlich gab der Unternehmer Wolfgang Grupp ein überraschend symphatisches und moralisch einwandfreies, schlagfertiges und äußerst gewitztes Gegengesicht zur Finanzkrise ab.Natürlich trat Schmidt, erneut mit Bart, gewohnt jovial auf, doch verlieh er seiner Erscheinung diesmal die nötige Substanz, die einen Abend - auch zu später Stunde - noch kurzweilig, beinahe nachhaltig werden ließ. Nur bei Momenten wie dem Interview mit dem imaginären Bruder Peter Scholl-Latours in Fidel Castro-Montur musste man sich der eigenen peinlichen Berührtheit hingeben. Ansonsten konnte man sich vertrauensvoll in die Hände des Conferenciers begeben, ja fast Fallenlassen war möglich. Wenn das so weiter geht, dann hat er endlich seine Form gefunden, die er so lange gesucht hat!
Willkommen im medienkultur-blog. Im Gegensatz zur Online-Ausgabe der Süddeutschen sind hier Kommentare ausdrücklich erwünscht und werden nicht "eingefroren". Auch den "Idiotae" des Web 2.0 wird hier nicht das Wort abgeschnitten, im Gegenteil. Jeder einzelne ist ein Teil der Medienkultur! Wer sich beteiligt, signalisiert Interesse. Jegliche Beteiligung ist besser als gar keine.
hat den Bachelor "Medien- und Kulturwissenschaft" sowie den Master "Medienkulturanalyse" in Düsseldorf mit den Schwerpunkten Medien und Gesellschaft, Neue Medien und Medienkultur studiert. Momentan arbeitet er als freier Journalist vorwiegend für die Rheinische Post (Redaktion Mönchengladbach).
Kontakt: christian.hensen@gmx.de
Medien + Kultur = Medienkultur? Was heißt überhaupt "Medienkultur"?
Medienkultur sollte als Synonym für mediengestütze Sinnstiftung verstanden werden. Die Wahrnehmung des Anderen und die Muster der Kommunikation und Interaktion vollziehen sich heute über Medien und ihren Angeboten. Medien werden sprichwörtlich zum Mittler zwischen Subjekt und Objekt. Versteht man „Kultur“ nach Siegfried J. Schmidt als ein Programm, das durch die Anwendung seiner Subprogramme das kollektive Wirklichkeitsmodell bestimmt, dann besteht die besondere Rolle der Medien in der permanenten Thematisierung der Subprogramme und ihrer Anwendungsmöglichkeiten. Medien stabilisieren „Kultur“ und lassen sie erst entstehen. Medien machen uns gegenseitig wahrnehmbar und fördern darüber hinaus die Auseinandersetzung mit der eigenen Identität.
Mehr dazu in meiner Bachelor-Arbeit: "Medien + Kultur = Medienkultur? Ein Theoriediskurs und seine Reflexivität in der medialen Praxis am Beispiel `Harald Schmidt´". Nachfolgend immer wieder Auszüge aus meinem wissenschaftlichen Schaffen.
Die Ästhetik von Trance-Musik. Music comes from the Heart
Trance-Musik kommt von Herzen in doppelter Hinsicht: sie wird einerseits nach bestimmten ästhetischen Vorgaben und mit einer bestimmten Zweckabsicht produziert und andererseits als Mittel „genutzt“. Trance-Musik wird strategisch eingesetzt, um gezielt von kulturellen Denk-Zwängen und alltäglichen Fesseln zu entwaffnen und Bewusstseinszustände unterhalb der Kognitionsgrenze des Alltags anzusteuern. Der Körper steht dabei in unmittelbarer Kommunikation mit den musikalischen Reizen. Die Hirnaktivität nimmt ab, die Atmung verlangsamt sich und der Herzschlag nähert sich der Geschwindigkeit des Beats an. Der Körper wird in einen schlafähnlichen, hypnotischen aber zugleich ekstatischen Zustand versetzt. Er befindet sich zwischen Spannung und Entspannung. Dieses dialektische Verhältnis der physiologischen Wirkung von Trance-Musik spiegelt sich auch auf der ästhetischen Ebene wider. Durch die Dialektik von Rhythmus und Ritornell einerseits und Lautstärke und Stille andererseits werden Hörgewohnheiten irritiert und gestört. Auf monotone Beats folgt beatlose Melodie, auf gewaltige Lautstärke folgt plötzliche Stille. Trance-Musik vereint stilistische Gegensätze und transferiert die zeitlichen Ebenen der Vergangenheit und Zukunft in die Gegenart des Hörens.Damit schafft sie ein Déjà-entendu-Erlebnis, bei dem verschüttete Erinnerungen freigelegt werden und auf gegenwärtige Emotionen und Erfahrungen treffen. Das Postulat „Music comes from the heart” gilt also auch in die umgekehrte Richtung: „Music goes to the Heart”, weil mit der physiologischen Herz-Reaktion auch die psychologische Wirkung des Déjà entendu einhergeht.
Mehr dazu auf Anfrage. Nachfolgend die gelebte Theorie: This weeks Trance-Top 5, available at http://www.audiojelly.com.
Digital Music - This Weeks Trance Top 5
1. Signalrunners Feat. Julie Thomson - These Shoulders
2. Paul van Dyk - New York City (Super8 & Tab Remix)
3. Oceanlab - Miracle (Above & Beyond Remix)
4. Arnej - The Ones That Get Away (Intro Mix)
5. Lange Feat, Sarah Howells - Out of The Sky (Shane 54 & Myon Remix)
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