Donnerstag, 6. August 2009

Obama´s Welt: Ein amerikanischer Traum für alle

Was für ein Sommer für Barack Obama. Nachdem er seinen 48. Geburtstag in Person und seinen ersten im Weißen Haus feiern durfte, und er um ein paar Jeans (so einer der vielen Vorschläge) reicher geworden sein dürfte, holte ihn die bittere Realität schneller ein als ihm lieb war. Auf dem G 20-Gipfel in London im April war die Stimmung noch perfekt, einigte sich Obama mit den Industrienationen darauf, ein Entwicklungspaket von 250 Milliarden Dollar über zwei Jahre zu schnüren. Auch beim G8-Vorzeige-Gipfel in Italien im Juli entschied man einvernehmlich die CO2-Emissionen bis 2020 um 15-30 Prozent zu senken. Auch der Schulterschluss mit Deutschland wurde immer enger: „Sie haben doch schon gewonnen“, war sich Obama im Juli sicher und sah die Kanzlerin auch in der zweiten Legislaturperiode auf sicherem Posten. Ein empfindlich getroffener Bürokrat wie Steinmeier konnte gar nicht anders, als alle Amerikareisen vorsorglich abzusagen. Auf heimischen Boden liegen die Dinge nicht ganz so einfach, lassen sich nicht als Symbolpolitik via Grundsatzrede händeln. Dort braucht es Handlung, so kurzfristig wie möglich. Denn 46 Millionen Amerikaner haben keine Krankenversicherung und brauchen eine, wollen sie behandelt werden. Die Gesundheitsreform dürfte zweifellos das größte innerpolitische Projekt des US-Präsidenten werden. Allen Amerikanern will er eine Krankenversicherung garantieren, doch könnte er dabei an der Kostenfrage scheitern, wie einst Bill Clinton, der das gleiche Wohlwollen verspürte. Fest steht: Ob Finanzkrise oder nicht, finanzielles Scheitern oder Gelingen, es muss etwas passieren. „Nichts tun ist keine Option“, weiß Obama und ist gewillt zu handeln. "Es ist eine Gelegenheit, wie sie vielleicht in Generationen nicht wiederkehrt," sagte Barack Obama am Samstag in seiner wöchentlichen Videoansprache. Deshalb solle der Kongress noch vor der Sommerpause im August ein Gesetz vorlegen, das das Gesundheitssystem der USA von Grund auf saniert. In den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob Obama auch als Reformpräsident in die Geschichtsbücher eingehen wird. Das Problem: Die Krankenversicherung ist in den USA ausschließlich an den Arbeitsplatz gekoppelt, allerdings sehen sich viele kleine Unternehmen außer Stande, diese Leistungen für ihre Mitarbeiter zu übernehmen. Wer ein mal eine schwere Krankheit erlitten hat, wird „unversicherbar“. Das soll künftig ebenso geändert werden, wie arme und schwerkranke subventioniert werden und eine gesetzliche Versicherung garantiert bekommen – so zumindest der Plan des Präsidenten. Kostenpunkt: Eine Billion Doller. Einige Senatoren und Kongressabgeordnete unter den Republikanern werden sich erwartungsgemäß dagegen stellen, doch müssen auch sie sich einer Neuregelung des Gesundheitssystems beugen. Ob jedoch die Kostenrechnung aufgeht, und nicht wie bei Clinton 1994 vom Haushaltsbüro des Kongresses zu Nichte gemacht wird, muss sich zeigen. Doch weil Obama keine gänzlich neue Reform, sondern nur Ausbesserung anstrebt, könnte ihm das Gesundheitsprojekt gelingen. Es wäre ein wichtiges Zeichen, mehr noch: Es wäre eine wichtige Tat, ganz allein auf heimischem Boden.
Ein zweites Projekt bringt Obama auf den amerikanischen Boden der Tatsachen: Die Rassismus-Debatte. „Legt die Xbox weg“, riet der Präsident vor wenigen Tagen den Schwarzen Amerikas. Afro-Amerikaner sollten ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen um gesellschaftlich aufzusteigen. "Machen wir uns nichts vor: Die Schmerzen der Diskriminierung sind in Amerika noch immer zu spüren", sagte der erste schwarze US-Präsident zum 100-jährigen Bestehen der Bürgerrechtsorganisation NAACP. Es war die erste große Rede zum Thema Rassendiskriminierung seit seiner Amtsübernahme im Januar. Und sie beweist, dass Obama auch seinen Regierboden nicht aus den Augen verliert – nicht aus den Augen verlieren darf. So will er die Bildungschancen für Schwarze verbessern um ihnen auf dem Arbeitsmarkt die Kluft zwischen Weiß und Schwarz zu verkleinern und findet wie immer wirkungsvolle Worte: „Der amerikanische Traum muss für alle gelten.“ Ein Satz, der wahrlich auch zur Gesundheitsreform passt. Dabei seien auch die Eltern aufgerufen. Sie sollen "die X-Box weglegen und ihre Kinder zu einer vernünftigen Zeit ins Bett bringen". Der Präsident verwies in der Rede natürlich auf seine eigene Biografie. "Ich komme nicht aus einem reichen Haus", sagte Obama, dessen Mutter alleinerziehend war. "Ich hatte einigen Ärger als Kind. Mein Leben hätte leicht in die falsche Richtung gehen können. Aber meine Mutter hat mir Liebe gegeben, sie hat für meine Bildung gesorgt. Dank ihr hatte ich die Chance, das Beste aus meinen Fähigkeiten zu machen." Obama wirkt glaubwürdig. Und mit dem Glauben lässt sich ja bekanntlich...

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