Mittwoch, 8. April 2009

Obama´s Welt: Der schwarze Messias

Yes, sie ist endlich auch bis nach Irak angekommen – die Obamania! Wie charmant hat er den G20-Gipfel in London verzaubert, wie hat er die Kerzchen auf dem Nato-Geburtstagskuchen in Deutschland und Frankreich zum brennen gebracht. Dann noch die Superstar-Stipvisite nach Prag. Ohne Zweifel: Obama ist der Schwarze Messias. Wenige Tage vor Ostern wird er Innbegriff eines revolutionären Zeitgeistes, wird er Symbol des Aufbruchs, geht er ein in die Historie – schon jetzt. Schuld ist nicht zuletzt die Euphorisierung in den Medien, die sich in diesen Tagen mit Hymen überschlagen. Selbst britische Zeitungen nehmen Michelle die königliche Handgreiflichkeit nicht übel. Dabei ist der schwarze Heilsbringer, der sich gerne mal von Kanzlerin Merkel richtungsweisend – im wahrsten Sinne - am Ärmel ziehen lässt, ein cleverer Stratege: Weg mit dem Bankgeheimnis und den Steueroasen, weg mit den Atomwaffen, Kompromissbereitschaft mit dem Irak – aus dem natürlich nie ein Schulterschluss werden kann -, und nicht zuletzt der Einsatz für die EU-Mitgliedschaft der Türkei (Okay, mit Rasmussen als Gewinn). Im Kern sind diese „Auslandseinsätze“ natürlich „Inlandseinsätze“, sie dienen der guten Stimmung, der Schadensbegrenzung, der Wiedergutmachung. Sie versöhnen den mächtigsten Mann der Welt wieder mit der Welt und zaubern nicht zuletzt ein Lächeln auf die amerikanischen Lippen.
Was sich erst allmählich zeigen wird: Der schwarze Messias verleiht auch den Amerikanern wieder jene Identität, die ihnen nach dem 11. September mit bushesquen Kampfparolen west-wild abgesprochen wurde. Vor allem steht „Obama“ für eine neue Qualität politischer Führung. Sein Führungsstil ist dialektisch, gleicht dem einer Raubkatze, die jedoch äußerst putzig und charmant ist. Mit Paukenschlägen hat er die Welt wach gerüttelt, sie aus der Schockstarre der Krise befreit und wirkungsvoll an seiner Geschichtsbuch-Karriere gearbeitet: Einen Dialog statt einen Kampf der Kulturen ist er gewillt zu führen. Auch wenn er scheitern wird, macht er das, was dringend geboten ist in diesen Tagen: zu handeln. Eine nuklearfreie Welt zu fordern, das macht ihm so schnell keiner nach. Und vor allem hinterlässt er damit auch nach seinem politischen Abtreten und möglicherweise auch nach seinem menschlichen Ableben einen bleibenden Eindruck. Jenseits des Schmetterns versteht er sich auf eine Handlung des Wortes, eine Strategie des Zuhörens, des Zurückhaltens – ja, des bewussten Zurücknehmens. Ganz anders als der „breitbeinige Bush“.
Natürlich hat es der Revolverheld auf dem Golfplatz dem schwarzen Messias aus Reihe zwei leicht gemacht. Doch die politische Führung Obamas beschränkt sich nicht auf eine bloße Negation der Bush-Ära. Sein Führungsstil ist – auch im Vergleich der Weltpolitik – mehrdimensional. Er macht kleine Stilfehler, verhält sich leise und bescheiden, hat dabei stets ein Lächeln auf den Lippen. Dieses schon drückt wenn nicht Überheblichkeit so doch Überlegenheit aus. Sein Charisma verleibt die Gegner ein, weckt Hoffnung, steckt an. Seine Verbal-Rhetorik ist gleichsam von messerscharfer Professionalität – fehlerfrei.
Der Spagat, einerseits auf die Trommel zu hauen, andererseits die Harfe zu zupfen, ist ihm bislang gelungen. Fraglich ist, wie lange er die Tonart solch unterschiedlicher Instrumente bei simultaner Spielweise halten kann. Vor allem dann, wenn sich dem Spiel die Erwartungen des Publikums zugesellen. Es heißt, er könne die Erwartungen an ihn nicht erfüllen. Nun, ein Messias zu sein, dürfte wahrlich nicht jeder "Mann" gelingen. Er kann den Klimawandel nicht aufhalten, die Bankenkrise nicht umkehren, die islamische Welt nicht bekehren. Aber wenn man ihm eines zugesteht, dann wird er seinen rhetorischen Zeichen auch realistische Taten folgen lassen: einfach nur ein Mensch zu sein.

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