Mittwoch, 23. Februar 2011
Dr. Guttenberg a.D.: Deutschland schreibt sich ab
Montag, 29. März 2010
iPad: Ein Kunstgriff der Moderne
Medienkritiker und Internet-Pioniere wie Jaron Lanier und Nicholas Carr zweifeln. Aber sie zweifeln weniger am Erfolg des iPads, als dass sie nach wirklichen Gründen für den Misserfolg suchen. So zweifeln sie eher an ihrem eigenen Verstand. Und sie sind schlau genug, das selbst zu wissen. Wenn Nicholas Carr sagt „Das iPad ist auf keinen Fall eine sichere Wette. Es ist trotz allem immer noch eine ziemlich große und ziemlich schwere Tafel. Anders als ein iPod oder ein iPhone kann man es sich nicht in die Hosentasche oder in die Handtasche stecken. Es macht immer noch den Eindruck eines sperrigen Geräts. Das iPad wäre ideal für einen dreihändigen Menschen - zwei Hände, um es zu halten und eine weitere, um den Touchscreen zu bedienen - aber die meisten Menschen haben nun einmal leider nur ein Paar Hände“, dann erkennt er den Widerspruch seiner eigenen These selbst. Denn das iPad zieht seine Stärke gerade aus einer neu gewonnenen „Usability“, die dennoch nicht viel an „Mobility“ einbüßt. Die Stärke des iPhones lag sozusagen in „Apps-to-Go“, kleinen, nützlichen Anwendungen wie Organiser, Navigation, Maps oder Messaging. Doch lebten diese Apps eher von ihrer ortsungebundenen und vor allem schnellen Nutzung als von konstanter, auf Rezeption von Inhalten ausgelegter Kapazität. Dabei scheint es tatsächlich, als arbeite das iPad mit einer Art Reduktion. Als hätte es den viel beklagten „Information-Overkill“ erkannt, verweigert es Multitasking ebenso wie multimediale Anwendungen (Kamera, Telefon) bewusst. Steve Jobs, als „Impresario aller Mediengattungen“ (Nicholas Carr) gefeiert (und verteufelt gleichermaßen), kommt mit dem iPad seinem Ziel der Perfektionierung des „Mobile Devices“ ein großes Stück näher. All jene, die Maus, Tastatur, Programme und Funktionen vermissen, haben nicht verstanden, dass unsere gegenwärtige Medienkultur nicht im Geringsten darauf angewiesen ist. Und es bedarf erst eines Steve Jobs, uns dies vor Augen zu führen. Steve Jobs beweist mit dem iPad augenscheinlich einen Rückschritt. In Wahrheit schöpft er die wahre Essenz des Web 2.0 aus. Die liegt möglicherweise gar nicht, wie angenommen, in der Weisheit der Vielen, im Erstellen und Publizieren von Inhalten. Vielmehr haben Weblogs gezeigt, dass ihnen bei aller hin und wieder aufkeimenden Sprengkraft eine Eigenschaft zweifellos zugesprochen werden kann: sich gegenseitig zu neutralisieren. Das wiederum stellt deren Relevanz in Frage und damit auch, ob es wichtig ist, sich beteiligen zu müssen. Das iPad wird eher als eine moderne Fernbedienung denn als ein Computer gehandelt. Tatsächlich schreiten wir zurück vom „Marktplatz des Glücks“, auf dem alle möglichen Inhalte produziert und verhandelt werden, zum alt bewährten „Kramladen des Glücks“ (Harald Hillgärtner). Und dieser trägt fortan den Namen „iTunes“ - ein überdimensionierter „Kramladen“, der einzelne Musik- und Buchtitel ebenso anbietet, wie Filme, Serien oder ganze Staffeln. Wenn Jaron Lanier, Autor, Künstler, Computer-Experte, zu bekennen gibt: „Für die Menschheit wird es jedoch eher von grundlegender Bedeutung sein, ein weltweit gültiges Abkommen über die Bezahlung von Information, von geistigem Eigentum zu treffen. Sonst ist es nicht möglich, wirklich vernetzt zu sein“, dann weiß er – ebenso wie Carr – um den Widerspruch seiner These. So ist es eben das iPad selbst, was dem ohnehin mit bislang 3 Billionen Downloads viel genutzten itunes-Store in die Riege des Establishments verhilft. Und weiter gedacht, könnte dieser digitale Kramladen die Lösung aller Urheberrechtsprobleme und Rechtsverletzungen im Internet sein. Lanier beklagt zu Recht, dass es an klaren Konzepten zur Wahrung des Urheberrechts und der komfortablen Nutung von Medieninhalten gibt. Mit entsprechenden Kooperationen – was sicher noch Jahre dauern wird – könnte sich der itunes-Store zu einer allumfassenden Medienbibliothek etablieren, in der möglicherweise auch Inhalte für bestimmte Zeit ausgeliehen werden könnten. Bereits fünf amerikanische Verlage bieten bereits ihre Werke im neuen iBook-Store an. Mit erschwinglichen Preisen, komfortablen Nutzungsmöglichkeiten auf Software-Basis (dank Synchronisation und Organisation), sowie intuitiver Anwendungskapazität auf Hardware-Seite, könnte Apple ein weiterer revolutionärer Kunstgriff der Moderne gelingen. Das iPad verändert nicht nur das Denken, es vermag sogar, das Denken in vielen Bereichen zu übernehmen. Nicht mehr muss sich der Anwender ein Gerät und seine Funktionen erschließen. Vielmehr reagiert das Gerät auf die Bedürfnisse des Nutzers. So ist auch hier das iPad die ideologische Weiterführung des Web 2.0, in dem die Option des Abonnierens von Inhalten genau auf diesen Umstand setzt. Nicht mehr muss der Nutzer zu den Inhalten gelangen. Die Inhalte gelangen zu ihm. So zeichnet sich schon jetzt ab, dass das iPad nicht nur als „Fun-Machine“ und „Art-Gadget“ fungiert oder Medien vereint. Es strukturiert vielmehr die Wahrnehmungsweise seiner Nutzer. Es stellt neue bürokratische und juristische Paradigmen zur Seite – und es überführt entmaterialisierte Kultur wieder einer traditionellen, antiken Haptik. Fortan hält man Bücher, Zeitungen und Bilder doch wieder in der Hand, damit entschwinden sie nicht mehr dem Geist, sondern bemächtigen sich seiner. Vielleicht zeugt das Gefühl, die Medien in Händen zu halten, auch von einer neuen Macht – freilich einer Unbeschwerten.
Dienstag, 16. März 2010
Herangezoomt: Über den Dächern von Paris
Zur melancholisch anmutenden Musik von Yann Tiersen aus dem Film "Die fabelhafte Welt der Amelié" lässt man also den Blick schweifen über ein verträumtes und erstrahlendes Paris unter blauem Himmel. Doch dieses Gefühl der Allwissenheit überfordert. Tausende von "Lebensentwürfen" lassen sich an den Bildschirm heranzoomen. Jedes Fenster sieht anders aus, die meisten sind geöffnet, viele Bewohner haben die Rollläden heruntergezogen, auf einer Terrasse liegt ein gelber Wasserschlauch, in einem Badezimmer hängt ein pinker Bademantel. Und während Tiersens Akkordeon weiter spielt, ertappt man sich bei der Sinnfrage. Was mache ich hier? Warum vergrößere ich jetzt. Bin ich jetzt ein Voyeur? Tatsächlich mag das Projekt so manchem Voyeur ein Paradies sein und ihm sprichwörtlich Tür und Tor öffnen. Benötigte er früher noch ein Fernglas und musste sich selbst immer vor der eigenen Entdeckung schützen, hat er jetzt freie Fahrt. Und jetzt kann er nicht nur ein Haus ins Visier nehmen, jetzt liegt ihm gleich eine ganze Stadt zu Füßen. Man mag das kritisieren. Vielleicht sollten wir es an dieser Stelle bei der Faszination belassen. Und auch wenn sich weiter denken lässt, was sich noch alles entdecken ließe, würde man diese Aufnahmequalität für ein kleineres Sichtfeld verwenden, ist man dorch irgendwie erleichtert, dass nicht Google hinter diesem Projekt steht. Paris ist übrigens nicht die einzige Stadt, die jetzt per Internet erkundet werden kann. Auch Dresden und Prag wurden mit 26 Gigapixeln aufgenommen. Mit den Abmessungen von 354.159 x 75.570 Bildpunkten ist das Pariser Panorama allerdings 733 Megapixel größer als das von Dresden.
Kommentar in stürmischen Zeiten
Montag, 9. November 2009
Medien. Information. Dauerrausch(en)
Ein jeder Klickt und klickt, liest und liest, hört und hört, sieht und sieht. Medien. Information. Dauerrausch. Wir verlieren uns in Bilderfluten und Sprachgebölke. Der Turmbau zu Babel könnte zum Sinnbild gegenwärtiger Medienkultur werden, in dem keiner mehr einander versteht im endlosen Gemurmel. Ist Babylon Verderb und Ausweg zugleich, wie Lorenz Engell konstatiert? Was tun? Unterbrechen, pausieren, durchatmen, sagt Köhler und sieht die Möglichkeit in einem kleinen Gedicht: „In dieser Situation stellt das Gedicht eine Unterbrechung dar. Das Gedicht unterbricht für einen Augenblick das ewige Weiterreden. Es ermöglicht ein Atemholen – vielleicht sogar einen Moment der Wahrheit und der Selbsterkenntnis. Insofern ist es eine wunderbare List, dass durch lyrikline ausgerechnet im vielleicht geschwätzigsten Medium das gelesene Gedicht diese Unterbrechung, dieses Atemholen ermöglichen kann. Man hat mir gesagt, dass die meisten Aufrufe wohl während der Mittagspause stattfinden – also dann, wenn die Menschen eine Unterbrechung brauchen – und sich dabei buchstäblich auf einen Gedankenausflug bringen lassen möchten.“ Mahnt Köhler nicht geschickt, genauer hinzuschauen? Den kleinen Dingen Aufmerksamkeit zu schenken? Das ist keine Zerstreuung, die er propagiert, er mahnt eher zur Kontemplation, ja sogar zur Konzentration. Man darf nicht müde werden, die Vielfalt als Chance zu sehen. Wenn Hingabe in Auseinandersetzung mündet, haben auch neue Medien ein gutes Werk getan. Dann ist die Hingabe nicht Orientierungslosigkeit, sondern gut begründet.
Donnerstag, 29. Oktober 2009
Ein überfälliges Internet-Manifest
Das Internet-Manifest wird nachfolgend in voller Länge „abgedruckt“:
Internet-Manifest
Wie Journalismus heute funktioniert. 17 Behauptungen.
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1. Das Internet ist anders.
Es schafft andere Öffentlichkeiten, andere Austauschverhältnisse und andere Kulturtechniken. Die Medien müssen ihre Arbeitsweise der technologischen Realität anpassen, statt sie zu ignorieren oder zu bekämpfen. Sie haben die Pflicht, auf Basis der zur Verfügung stehenden Technik den bestmöglichen Journalismus zu entwickeln - das schließt neue journalistische Produkte und Methoden mit ein.
2. Das Internet ist ein Medienimperium in der Jackentasche.
Das Web ordnet das bestehende Mediensystem neu: Es überwindet dessen bisherige Begrenzungen und Oligopole. Veröffentlichung und Verbreitung medialer Inhalte sind nicht mehr mit hohen Investitionen verbunden. Das Selbstverständnis des Journalismus wird seiner Schlüssellochfunktion beraubt - zum Glück. Es bleibt nur die journalistische Qualität, die Journalismus von bloßer Veröffentlichung unterscheidet.
3. Das Internet ist die Gesellschaft ist das Internet.
Für die Mehrheit der Menschen in der westlichen Welt gehören Angebote wie Social Networks, Wikipedia oder Youtube zum Alltag. Sie sind so selbstverständlich wie Telefon oder Fernsehen. Wenn Medienhäuser weiter existieren wollen, müssen sie die Lebenswelt der Nutzer verstehen und sich ihrer Kommunikationsformen annehmen. Dazu gehören die sozialen Grundfunktionen der Kommunikation: Zuhören und Reagieren, auch bekannt als Dialog.
4. Die Freiheit des Internet ist unantastbar.
Die offene Architektur des Internet bildet das informationstechnische Grundgesetz einer digital kommunizierenden Gesellschaft und damit des Journalismus. Sie darf nicht zum Schutz der wirtschaftlichen oder politischen Einzelinteressen verändert werden, die sich oft hinter vermeintlichen Allgemeininteressen verbergen. Internet-Zugangssperren gleich welcher Form gefährden den freien Austausch von Informationen und beschädigen das grundlegende Recht auf selbstbestimmte Informiertheit.
5. Das Internet ist der Sieg der Information.
Bisher ordneten, erzwungen durch die unzulängliche Technologie, Institutionen wie Medienhäuser, Forschungsstellen oder öffentliche Einrichtungen die Informationen der Welt. Nun richtet sich jeder Bürger seine individuellen Nachrichtenfilter ein, während Suchmaschinen Informationsmengen in nie gekanntem Umfang erschließen. Der einzelne Mensch kann sich so gut informieren wie nie zuvor.
6. Das Internet verändert verbessert den Journalismus.
Durch das Internet kann der Journalismus seine gesellschaftsbildenden Aufgaben auf neue Weise wahrnehmen. Dazu gehört die Darstellung der Information als sich ständig verändernder fortlaufender Prozess; der Verlust der Unveränderlichkeit des Gedruckten ist ein Gewinn. Wer in dieser neuen Informationswelt bestehen will, braucht neuen Idealismus, neue journalistische Ideen und Freude am Ausschöpfen der neuen Möglichkeiten.
7. Das Netz verlangt Vernetzung.
Links sind Verbindungen. Wir kennen uns durch Links. Wer sie nicht nutzt, schließt sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs aus. Das gilt auch für die Online-Auftritte klassischer Medienhäuser.
8. Links lohnen, Zitate zieren.
Suchmaschinen und Aggregatoren fördern den Qualitätsjournalismus: Sie erhöhen langfristig die Auffindbarkeit von herausragenden Inhalten und sind so integraler Teil der neuen, vernetzten Öffentlichkeit. Referenzen durch Verlinkungen und Zitate – auch und gerade ohne Absprache oder gar Entlohnung des Urhebers – ermöglichen überhaupt erst die Kultur des vernetzten Gesellschaftsdiskurses und sind unbedingt schützenswert.
9. Das Internet ist der neue Ort für den politischen Diskurs.
Demokratie lebt von Beteiligung und Informationsfreiheit. Die Überführung der politischen Diskussion von den traditionellen Medien ins Internet und die Erweiterung dieser Diskussion um die aktive Beteiligung der Öffentlichkeit ist eine neue Aufgabe des Journalismus.
10. Die neue Pressefreiheit heißt Meinungsfreiheit.
Artikel 5 des Grundgesetzes konstituiert kein Schutzrecht für Berufsstände oder technisch tradierte Geschäftsmodelle. Das Internet hebt die technologischen Grenzen zwischen Amateur und Profi auf. Deshalb muss das Privileg der Pressefreiheit für jeden gelten, der zur Erfüllung der journalistischen Aufgaben beitragen kann. Qualitativ zu unterscheiden ist nicht zwischen bezahltem und unbezahltem, sondern zwischen gutem und schlechtem Journalismus.
11. Mehr ist mehr – es gibt kein Zuviel an Information.
Es waren einst Institutionen wie die Kirche, die der Macht den Vorrang vor individueller Informiertheit gaben und bei der Erfindung des Buchdrucks vor einer Flut unüberprüfter Information warnten. Auf der anderen Seite standen Pamphletisten, Enzyklopädisten und Journalisten, die bewiesen, dass mehr Informationen zu mehr Freiheit führen - sowohl für den Einzelnen wie auch für die Gesellschaft. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
12. Tradition ist kein Geschäftsmodell.
Mit journalistischen Inhalten lässt sich im Internet Geld verdienen. Dafür gibt es bereits heute viele Beispiele. Das wettbewerbsintensive Internet erfordert aber die Anpassung der Geschäftsmodelle an die Strukturen des Netzes. Niemand sollte versuchen, sich dieser notwendigen Anpassung durch eine Politik des Bestandsschutzes zu entziehen. Journalismus braucht einen offenen Wettstreit um die besten Lösungen der Refinanzierung im Netz und den Mut, in ihre vielfältige Umsetzung zu investieren
13. Im Internet wird das Urheberrecht zur Bürgerpflicht.
Das Urheberrecht ist ein zentraler* Eckpfeiler der Informationsordnung im Internet. Das Recht der Urheber, über Art und Umfang der Verbreitung ihrer Inhalte zu entscheiden, gilt auch im Netz. Dabei darf das Urheberrecht aber nicht als Hebel missbraucht werden, überholte Distributionsmechanismen abzusichern und sich neuen Vertriebs- und Lizenzmodellen zu verschließen. Eigentum verpflichtet.
*) Stilblüten-Alarm aufgehoben
14. Das Internet kennt viele Währungen.
Werbefinanzierte journalistische Online-Angebote tauschen Inhalte gegen Aufmerksamkeit für Werbebotschaften. Die Zeit eines Lesers, Zuschauers oder Zuhörers hat einen Wert. Dieser Zusammenhang gehört seit jeher zu den grundlegenden Finanzierungsprinzipien für Journalismus. Andere journalistisch vertretbare Formen der Refinanzierung wollen entdeckt und erprobt werden.
15. Was im Netz ist, bleibt im Netz.
Das Internet hebt den Journalismus auf eine qualitativ neue Ebene. Online müssen Texte, Töne und Bilder nicht mehr flüchtig sein. Sie bleiben abrufbar und werden so zu einem Archiv der Zeitgeschichte. Journalismus muss die Entwicklungen der Information, ihrer Interpretation und den Irrtum mitberücksichtigen, also Fehler zugeben und transparent korrigieren.
16. Qualität bleibt die wichtigste Qualität.
Das Internet entlarvt gleichförmige Massenware. Ein Publikum gewinnt auf Dauer nur, wer herausragend, glaubwürdig und besonders ist. Die Ansprüche der Nutzer sind gestiegen. Der Journalismus muss sie erfüllen und seinen oft formulierten Grundsätzen treu bleiben.
17. Alle für alle.
Das Web stellt eine den Massenmedien des 20. Jahrhunderts überlegene Infrastruktur für den gesellschaftlichen Austausch dar: Die “Generation Wikipedia” weiß im Zweifel die Glaubwürdigkeit einer Quelle abzuschätzen, Nachrichten bis zu ihrem Ursprung zu verfolgen und zu recherchieren, zu überprüfen und zu gewichten – für sich oder in der Gruppe. Journalisten mit Standesdünkel und ohne den Willen, diese Fähigkeiten zu respektieren, werden von diesen Nutzern nicht ernst genommen. Zu Recht. Das Internet macht es möglich, direkt mit den Menschen zu kommunizieren, die man einst Leser, Zuhörer oder Zuschauer nannte - und ihr Wissen zu nutzen. Nicht der besserwissende, sondern der kommunizierende und hinterfragende Journalist ist gefragt.
Internet, 07.09.2009
- Markus Beckedahl
- Mercedes Bunz
- Julius Endert
- Johnny Haeusler
- Thomas Knüwer
- Sascha Lobo
- Robin Meyer-Lucht
- Wolfgang Michal
- Stefan Niggemeier
- Kathrin Passig
- Janko Röttgers
- Peter Schink
- Mario Sixtus
- Peter Stawowy
- Fiete Stegers
Wer dabei mithelfen möchte, diesen Text weiterzuentwickeln, kann das gerne hier tun.
[Update: ] Nachgereichter Beipackzettel von Stefan Niggemeier
Montag, 19. Oktober 2009
Frankfurter Buchmesse: Angst vor dem E-Book
Auf der ersten „Tools of Change“ (TOC-) Konferenz am Rande der Frankfurter Buchmesse, auf der unter der Schirmherrschaft von Web 2.0-Erfinder Tim O´Reilly über die Digitalisierung des Buches diskutiert wurde, lautete denn auch die zentrale Botschaft: We just don´t know. Es gibt bislang noch keine Zahlen über einscannte Buchtitel, illegale Downloads und vor allem über deren Auswirkungen auf das traditionelle Buchgeschäft. Und zum Zahlenmangel gesellt sich der Erfahrungsmangel. Wie wird sich das E-Book entwickeln, welches Standartformat wird sich etablieren, welches Lesegerät wird sich durchsetzen, und gibt es in Europa überhaupt einen Markt für das elektronische Buch, eine Leserschaft, die wie in den USA ihr Geld auch für E-Books auszugeben bereit ist? Wie bereits erwähnt, sind 65.000 hierzulande verkaufte E-Books nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Die zentrale Frage muss lauten: Wie kann man potentielle Käufer für das Medium E-Book nicht nur gewinnen, sondern sie auch begeistern: Ein paar Punkte könnten etwa sein: 1. Das E-Book auf dem Reader gelesen, vergilbt, verknickt, verblasst nicht. Es ist dauerhaft archivierbar. Sofern eine sichere Datenhaltung garantiert ist. 2. Es kann auf dem beleuchteten Display vielleicht komfortabler gelesen werden, als ein Buch im Halbdunkel des Zuges. Die Taschenlampe unter der Bettdecke hat also ausgedient. 3. Der Reader ist leichter als das Buch. Und er beherbergt nicht nur ein einzelnes Buch, sondern hat Platz für eine ganze Bibliothek. Das Bestreben, das gesamte Weltwissen portabel zu machen, trägt die ersten Früchte. Die Hochleistungsscanner von Google laufen auf Hochtouren. Die Anwälte und Verlagschefs geben sich millionenfach die Klinke in die Hand. 4. E-Books sind größtenteils günstiger als gedruckte Bücher und könnten so mehr Käufer anlocken. 5. Sie könnten zudem attraktiver sein, wenn die Verlage – wie bei DVDs - Bonusmaterial zusätzlich anbieten würden. 6. Schließlich trägt der Reader multimedialen Anforderungen Rechnung, und kann Text ebenso wie Hörbücher und Bildmaterial abspielen. So könnte Lesen in Zukunft zu einem multimedialen, alle Sinne ansprechenden Erlebnis werden, wenn man seine Vorteile in einer digitalen Leseumgebung zu nutzen weiß. In diesem Zirkus sind alle Akteure gefragt: Verleger, Politiker, Juristen, Marketingstrategen, Programmierer, Wissenschaftlicher, Psychologen… und schließlich die Leser selbst. Bleibt nur zu hoffen, dass Apple und Konsorten nicht auch noch einen Reader mit Telefonfunktion auf den Markt werfen. Das würde auch dem E-Book schon den Garaus machen, bevor es sich etabliert hat.